Ich mag Gottesdienste !

Mag sein, dass ich als Kind schon komisch war. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich als Kind mehr als dreimal in einer Sonntagsschule oder in einem anderen Kinderprogramm war. Im Jugendgottesdienst schon, also im Programm für Oberstufenschüler, aber nicht in der Sonntagsschule. – Ich war gerne in „normalen“ Gottesdiensten.
An die Gottesdienste meines Vaters kann ich mich nicht erinnern, leider auch an keine einzige Predigt. Aber die Kirchenlieder habe ich gelernt. Und ich habe meine Mutter gerne singen gehört. Ich muss etwa 10 Jahre alt gewesen sein, da bin ich in Frauenfeld gerne zu Pfarrer Herrmann, der damals schon fast pensioniert war. Er hatte eine knarrende Stimme und diesen speziellen Akzent der Siebenbürger Sachsen. Dieses Deutsch aus einer bestimmten Ecke Rumäniens. Ich war mit dem Jugendchor Frauenfeld auch oft in Gottesdiensten.
Ich mag Gottesdienste. Ich mag sie stilvoll. Ich mag es, wenn sie einen Touch von Konzertsaal, Lesesaal einer Bibliothek und Restaurant mit weissen Tischtüchern haben. Ich fühle mich unwohl, wenn ich nur Jeans und Pulli anhabe, lieber bin ich in Hemd und Anzug. Für einen Moment trete ich aus dem Alltag hinaus, bin still und konzentriert. Ich mag die Ruhe, und ich mag es, wenn nur eine Person durch den Gottesdienst führt. Das hilft der Konzentration. Ich mag es, wenn ich den Ablauf intus habe, sonst ist die Konzentration nur beim Ablauf und die Feierlichkeit ist futsch.
Ein Gottesdienst ist wie ein kleines Stück Arbeit. Wie ein Stück Weg bergauf, und oben angekommen legt man den Rucksack ab. Ich sehne mich nach diesem Gefühl, das ich als Jugendlicher hatte, wenn ich am Sonntagmorgen nach dem Gottesdienst durch die stille Kleinstadt wieder heim bin. Dieses Gefühl von: Ich habe etwas Gutes gemacht. Etwas Schönes, etwas Richtiges, etwas Ruhiges. Konzentriert.
Ein Gottesdienst kann mich beruhigen, wie wenn ich im Flieger sitze. Ich gebe die Leitung ab, ich lasse für einen Moment alles bleiben. Alles. Ich kümmere mich nicht. Und genau durch das Nicht-Tun, nicht-mehr-gehetzt sein, nicht weiter an x und y überlegen, tut der Gottesdienst gut. Diese Ruhe. Diese wunderbare Ruhe. Ich glaube, viele Menschen finden diese Ruhe in der Meditation.
Diese Art von Gottesdienst ist aus der Mode gekommen. Er gilt als steif und langweilig, als kopf- und wortlastig.  – Nein, ich muss ehrlich sein: Für viele Menschen ist so ein Gottesdienst steif und langweilig, kopf- und wortlastig. Für mich nicht, für andere Menschen schon. Was nun?
In unserer Gemeinde will ich mich mit dem Jugenddiakon einsetzen, dass wir einen wirklich guten, neuen Beamer besorgen. Damit kann man Lieder und Texte projizieren. Und Bilder. Wir wollen bei der Musik und beim Inhalt etwas bewegen. Vielleicht bekommen wir im Hochsommer einen neuen Pfarrer oder eine neue Pfarrerin, die mit symbolischen Handlungen für sympathische Familiengottesdienste Erfahrung hat.
Aber für Ruhe und Konzentration. Für Gedankengänge, die man ruhig vortragen kann, für spannende Geschichten, dafür werde ich immer einstehen.
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