Ist die Arbeit mit Jugendlichen nicht sehr anstrengend?

Das ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Es kann Konflikte mit den Eltern geben, oder mit den Jugendlichen. Die meisten lassen sich sehr schnell lösen. Es wird anstrengend, wenn die Eltern es noch verteidigen, wenn Jugendliche den Untericht schrotten oder Sachschaden anrichten, und die Kirchenpflege sich versteckt hinter der Aussage, man müsse weit offene Türen haben für die Menschen…

Aber mal angenommen, es ist wie hier auf dem Mutschellen. Die Jugendlichen kommen und hören die ersten 10min einfach mal brav zu. Wie kann ich dann arbeiten? An früheren Stellen habe ich den Unterricht vorbereitet mit dem Gedanken: „Was müssen sie später auswendig wissen?“ „Was will ich ihnen beibringen?“ – Manchmal ist es mir gelungen, oft nicht. Es hat sie nicht interessiert, es war nicht mit ihrem Leben verbunden, oder ich habe sie nach richtigen Antworten raten lassen. Oder ich habe mich darin verbissen, dass sie eine Argumentation oder Ansicht übernehmen mussten. Das war eine Mischung aus langweilig und frustrierend für beide Seiten.

Dann habe ich mit Hilfe meiner Frau und der Hilfe eines pensionierten Pfarrers meinen Stil geändert. Ich überlege mir, was mich und meine Freunde mit 15 Jahren interessiert hat und welche Fragen wir ans Leben hatten. Ich merke mir, was Teenager aktuell beschäftigt, wann immer ich etwas davon lese oder höre. Ich frage sie nach Interessen und Sorgen.

Das hat zu einem ganz neuen Konf-Unti geführt… Ich bin frei, vom gewählten Thema abzuschweifen und auf alles Mögliche einzugehen, das die Jugendlichen aktuell interessiert. Ich muss und will sofort reagieren. Und ich kann es. Dank sei der Lektüre der vergangenen Jahre. Oder wie es ein Freund ausgedrückt hat:“ Was Du alles für Sch… weisst.“ Ich bin lockerer. Ich sehe mich nicht als Dompteur. Das ist viel zu anstrengend. Ich glaube, sie fühlen sich ernst genommen. Jedenfalls reagieren ganz viele Jugendliche sehr gut darauf. Wir verbringen angenehme Stunden. Ohne Stress. Gut für’s Gedächtnis. Es kommen Menschen vor. Menschen und ihre Geschichten. Wenn die Jugendlichen oft das Stichwort „ISIS“ erwähnen, dann lasse ich mal die Feinheiten anderer Glaubensaussagen oder zB des Johannes-Evangeliums und mache eine Lektion darüber, weshalb Menschen in den un-heiligen Krieg ziehen.

Ich weiss genau, dass das nicht überall die ganze Zeit geht. Für Theorie-Prüfungen beim Auto oder Segelboot muss man einfach die Sache lernen. Wer Klavier übt, der übt die Stücke mit allen Stellen. Wer Kung-Fu trainiert, übt die Bewegungen, bis sie sitzen. Sonst darf man nicht zur Prüfung. Von Hand zu schreiben, muss man üben, üben, üben.

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