„Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen“ – Lukas 24,34

Eine Osterpredigt. Wie es gewesen sein könnte…

Es ist früher Morgen, der Tag nach dem Sabbat, der zweite Morgen, an dem Jesus tot ist, der dritte Tag. Petrus wacht auf, er hat ein Geräusch gehört.Andere Jünger im Raum schlafen noch. Sie haben die Fenster und Türen fest verschlossen, wer weiss, ob römische Legionäre unterwegs sind, um die Anhänger des Propheten zu verhaften, der ein neues Reich errichten wollte. König der Juden, so stand spöttisch über seinem Kreuz geschrieben. Petrus setzt sich auf, die Arme auf den Knien, das Gesicht in den Armen. Er hat geträumt, Jesus sei nicht tot, doch jetzt trifft es ihn wieder brutal. Er hat gesehen, wie er am Kreuz gestorben ist. Dann war es dunkel. Den Ruhetag sind sie im Haus geblieben. Jetzt scheint dunkelblaues Licht durch die Ritzen des Fensterladens. Bald wird eine rosenfingrige Morgenröte aufscheinen. Doch was soll er mit dem Tag?

Er war dabei gewesen, all die Jahre, hatte seine Frau und Kinder in der Obhut der Verwandten in Galiläa gelassen und war mit Jesus durch das Land gezogen. Sein Bruder Andreas auch, die Donnersöhne Johannes und Jakobus und alle anderen. Frauen und Männer. Was hatten sie nicht alles erlebt. Damals als Jesus ihn gerufen hatte… Einen wunderbaren Fischfang hatten sie gemacht, nach einer verlorenen Nacht auf dem See Genezareth. Am Ufer sah er in die Augen von Jesus. Woher kam dieser Mensch? Woher kam soviel Leben? Plötzlich ging er in die Knie. „Herr, geh weg von mir, ich bin ein Sünder. So ein Geschenk kann nur vom Ewigen kommen und das habe ich nicht verdient. Ich darf Gott gar nicht nahe kommen.“ Jesus hatte nur gesagt: „Von nun an wirst du Menschen fischen.“

Viel hatte er nicht getan. Er war einfach dabei, wenn Jesus predigte, wenn er heilte und wenn sie miteinander bei einem Essen eingeladen waren.
Nach und nach spürte er, dass Jesus völlig Mensch war und – es schien ihm Gotteslästerung – auch Gott. War er der, auf den sie so lange gehofft hatten? Einmal hatte er es gesagt: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes. Nie hatten sie zu wenig zum Leben gehabt, nie im Leben hatte er so eine Sicherheit und Geborgenheit erlebt.  Als sie nach Jerusalem kamen, wurde die Menge des Volkes plötzlich irre vor Begeisterung: Hosianna dem Sohn Davids, schrien alle. – Nur ein paar Tage hatte es gedauert, dann der letzte Abend mit den Reden, die ein Abschied gewesen waren. Wie hatte er rumgetönt, er würde sich für Jesus umbringen lassen. Und dann? Geschlafen hatte er im Garten. Dann hatte er zugehauen, aber Jesus hatte den Knecht geheilt. Er hatte Jesus nicht verstanden, auch wenn ihm das sicher das Leben gerettet hatte. Noch einmal, noch einmal lag seine Herkunft in seinem Blick. Und mit einer Stimme, die alte Soldaten zurückweichen liess, hatte er gesagt: “Ich bin’s!“ Dann waren sie mit Jesus weg. Und er im Dunkeln hinterher. Im Innenhof des Ratshauses hatte er gelogen, damit sie ihn nicht packten. Als der Hahn krähte hatte ihn Jesus angesehen. Verraten hatte er ihn, wie von Jesus prophezeit. – Die Legionäre verstanden ihr Handwerk, keine Chance, dass einer eine Kreuzigung überlebte, dafür sorgten sie schon. Und sonst hätte Jesus das kalte Grab den Rest gegeben.

Er war tot, derjenige Mensch, der ihm am meisten Boden unter den Füssen und inneren Frieden gegeben hatte, war tot. Er schlang die Arme um die Schultern, vergrub seinen Kopf und weinte lautlos, dass es ihn schüttelte.

Plötzlich hörte er unten auf der Strasse Schritte, dann ein Klopfen an der Türe. Er zuckte zusammen. Scheibenhonig, die Römer! – Was machen wir jetzt. Das Klopfen ging weiter, dazu eine gedämpfte Stimme, die etwas rief. „Aufmachen, Petrus, Jakobus, macht auf.“ Neben ihm regten sich andere Jünger, er stand auf, stieg über sie hinweg und ging zur Türe, der jüngste von ihnen, Johannes war sofort auf den Beinen und auch an der Türe. „Petrus!“ Zischte es drängend draussen, er erkannte die Stimme von Maria Magdalena. Er öffnete die Tür und Maria kam herein. Im Raum setzten sich jetzt alle Jünger auf und schauten verwundert. Aufgeregt, aber leise erzählte sie, sie sei mit zwei anderen Frauen zum Grab, um den Leichnam Jesu einzubalsamieren. Das Grab sei leer gewesen. Was? Was?, riefen die Jünger aus allen Ecken? Leer?  Plötzlich seien zwei sehr helle Gestalten dagestanden, die gesagt hätten, er sei nicht hier, er sei auferweckt worden. Er lebe. – Und sie, sie habe ihn auch gesehen.

Jetzt redeten alle halblaut durcheinander. „Was? Lebend? Das wäre ja zu schön, ja sicher nicht, sonst noch etwas, wie kommst du auf so etwas, und wenn es doch stimmt?“ Nur Petrus und Johannes schauten sich stumm an. Johannes holte tief Luft, ballte eine Faust und murmelte: Am dritten Tag… Er hat immer vom dritten Tag geredet… Vielleicht… Und dann rannte Johannes los. Petrus stand der Mund offen. „Luusbueb, immer mues me luege…“ schimpfte er, und rannte auch los.

Johannes war jung und flink, Petrus stark, aber schwer. Durch die Gassen ging es zum Stadttor hinaus zu den Gräbern. Beim Grab hatte Johannes schon 500m Vorsprung. Als Petrus schnaufend beim Grab ankam, kam Johannes schon wieder heraus. „Sieh mal, es ist wirklich leer“, sagte er und blickte versonnen zum Himmel. Petrus bückte sich und schaute ins Grab hinein. Nur Leinenbinden, in die Jesus gewickelt war. – Wenn jemand Jesu Leichnam hätte klauen wollen, weshalb die Mühe, den Körper auszuwickeln? Und wo waren eigentlich die Legionäre, die das Grab bewachten? Petrus wunderte sich. Was war hier passiert? Johannes meinte: „Sieh mal, wir haben soviel mit ihm erlebt, und er ist unschuldig gestorben, weshalb soll Gott nicht Jesus auferwecken? Was soll für Gott unmöglich sein?“

Petrus ballte die Fäuste, sein Gesicht wurde hart: „Und wenn schon, von mir will er jetzt sicher nichts mehr wissen. Ich hab… versagt. “ Er drehte sich um, Tränen liefen ihm wieder über’s Gesicht. Stumm gingen sie durch die Stadt zurück.

Die Stadt erwachte, Kinder kamen auf die Strasse, Frauen holten Wasser, zündeten Feuer an und schüttelten Decken aus. Dazwischen rannten Kinder herum. Alle Jünger bis auf Petrus waren aus dem Haus gegangen. – Füsse vertreten, die Stimmung in der Stadt fühlen, was essen, nicht so aufeinander sitzen.

Mit einem Mal spürte Petrus einen Hauch. Frische Luft, mit einem Duft wie an einem Morgen, wenn es in der Nacht geregnet hatte und der See Genezareth still dalag. Ein Geruch nach Erde, Pflanzen, Frieden, blauem Himmel und guter Zukunft. Ein Gefühl, wie – mit Jesus zusammen. Petrus drehte sich um und da stand Jesus. Er selber und doch ganz neu, verwandelt, eine unglaubliche Kraft ausstrahlend. Seine Augen waren noch die gleichen. Wie wenn Jesus mit Kindern spielte. Er lachte Petrus fröhlich an und hielt seine Arme weit offen.
Petrus liess sich umarmen und weinte lange. Mit dem Frieden, der in sein Herz kam, wusste er: Er würde nie, nie wieder Angst haben müssen. Er wusste, sein Erlöser lebt. Jesus lebt.

Amen

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